Ecce Homo - für Akkordeon und Sprecher (mit einem Text von Matthias Claudius) (2017 / 12')
"Ecce Homo" entstand als Beitrag zu einer Aufführung der "Musikalischen Exequien" von Heinrich Schütz im Jubiläumsjahr der Reformation 2017. Idee des Konzertes war, dieses Schlüsselwerk reformatorischer Kirchenmusik durch zeitgenössische Beiträge zu kommentieren.
Die von Schütz vertonten Psalmworte: "Unser Leben währet siebenzig Jahr, und wenn's hoch kömmt, so sind's achtzig Jahr ..." erinnerten mich an das wunderbare Gedicht "Der Mensch" von Matthias Claudius; der "Vitruvianische Mensch" von Leonardo da Vinci wies die Richtung zu einer fünfteiligen Anlage der Komposition; und die Schlußakkorde des ersten Teils der Exequien legten es nahe, den E-Dur-Akkord als Tonmaterial zu verwenden.
Wenn auch in einem konkreten Zusammenhang entstanden, versteht sich "Ecce Homo" als eigenständiges Stück Neuer Musik: "Was ist der Mensch, daß du an ihn denkst" (Ps. 8)
Der Mensch
Empfangen und genähret
Vom Weibe wunderbar
Kömmt er und sieht und höret
Und nimmt des Trugs nicht wahr;
Gelüstet und begehret
Und bringt sein Tränlein dar;
Verachtet und verehret,
Hat Freude und Gefahr;
Glaubt, zweifelt, wähnt und lehret,
Hält nichts und alles wahr;
Erbauet und zerstöret
Und quält sich immerdar
Schläft, wachet, wächst und zehret;
Trägt braun und graues Haar.
Und alles dieses währet,
Wenn's hoch kömmt, achtzig Jahr.
Dann legt er sich zu seinen Vätern nieder,
Und er kömmt nimmer wieder.
Matthias Claudius (1740-1815)