Hier ist eine kleine und unvollständige Auswahl von Texten, die wichtig für mich sind:
Wandelt sich rasch auch die Welt wie Wolkengestalten, alles Vollendete fällt heim zum Uralten. Über dem Wandel und Gang, weiter und freier, währt noch dein Vor-Gesang, Gott mit der Leier. Nicht sind die Leiden erkannt, nicht ist die Liebe gelernt, und was im Tod uns entfernt, ist nicht entschleiert. Einzig das Lied überm Land heiligt und feiert. Rainer Maria Rilke aus "Sonette an Orpheus"
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Ich kann nur die Flöte spielen und nur fünf Töne Wenn ich sie an die Lippen hebe kehren die Karawanen heim und in dunklen Scharen die Vögel Dann rudern die Fischer ans Ufer und aus den Morgenländern kommt duftend der Abend zurück Am Stamme des Ahorns lehn ich im Schatten des Efeus und sende mein Lied nach dir aus Paula Ludwig aus "Dem dunklen Gott. - Ein Jahresgedicht der Liebe", 1931 Der Text wurde von mir 2018/19 in den "Drei geistlichen Liedern" vertont
Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort. Sie sprechen alles so deutlich aus: Und dieses heißt Hund und jenes heißt Haus, und hier ist Beginn und das Ende ist dort. Mich bangt auch ihr Sinn, ihr Spiel mit dem Spott, sie wissen alles, was wird und war; kein Berg ist ihnen mehr wunderbar; ihr Garten und Gut grenzt gerade an Gott. Ich will immer warnen und wehren: Bleibt fern. Die Dinge singen hör ich so gern. Ihr rührt sie an: sie sind starr und stumm. Ihr bringt mir alle die Dinge um. Rainer Maria Rilke, Dichter Das Gedicht wurde von mir 1997 in "Zwei Lieder" für Klarinette, Viola und Mezzosopran vertont Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen. Ludwig Wittgenstein, Philosoph Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber es unmöglich ist, zu schweigen. Victor Hugo, Dichter “Musik kann Dinge erklären, wozu selbst Philosophen und Theologen nicht in der Lage sind. - Gott ist jenseits der Worte, Gedanken und Begriffe, jenseits unserer Erde und der Sonne, jenseits der Sterne, die uns umgeben. Die Töne und Harmonien und Rhythmen sind ein hervorragender Durchgang, ein hervorragendes Vorspiel zum Unsagbaren und Unsichtbaren.” Olivier Messiaen, Komponist
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Was ist Kunst? Wenn ich es wüßte, würde ich es für mich behalten. Pablo Picasso Es gibt Maler, die die Sonne in einen gelben Fleck verwandeln. Es gibt andere, die einen gelben Fleck in die Sonne verwandeln können. Pablo Picasso Ich bin für eine Kunst, die etwas anderes tut als in einem Museum auf ihrem Arsch zu sitzen. Claes Oldenburg Der einzige Unterschied zwischen mir und einem Verrückten ist, dass ich nicht verückt bin. Salvatore Dali Kunst und Kultur machen aus halben Portionen ganze Persönlichkeiten Werbeslogan einer kulturellen Einrichtung “Sage uns Meister, was ist Kunst” “Wollt ihr die Antwort des Philosophen hören oder die der reichen Leute, die ihre Zimmer mit meinen Bildern dekorieren? Oder wollt Ihr gar die Antwort der blökenden Herde hören, die mein Werk in Wort und Schrift lobt oder tadelt?” “Nein, Meister, was ist Deine eigene Antwort?” Nach einem Augenblick antwortete Apollonius: “Wenn ich irgendetwas sehe, höre oder fühle, was ein anderer Mensch getan oder gemacht hat, und wenn ich in der Spur, die er hinterläßt, einen Menschen entdecken kann, seinen Verstand, sein Wollen, sein Verlangen, sein Ringen - das ist für mich Kunst.” I. Gall., “Theories of Arts”
Die levitischen Sänger, Asaf, Heman, Jedutun, ihre Söhne und Brüder, standen alle in Byssus gekleidet mit Zimbeln, Harfen und Zithern an der Ostseite des Altars. Bei ihnen waren hundertzwanzig Priester, die auf Trompeten bliesen. Es kam wie aus einem Mund, wenn die Trompeter und Sänger gleichzeitig zum Lob und Preis des Herrn sich vernehmen ließen. Als sie mit ihren Trompeten, Zimbeln und Musikinstrumenten einsetzten und den Herrn priesen, “denn er ist gütig, denn seine Huld währt ewig”, erfüllte eine Wolke den Tempel, das Haus des Herrn. Die Priester konnten wegen der Wolke ihren Dienst nicht verrichten; denn die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Haus Gottes. Bibel, 2 Chr 5, 12-14 “Bey einer andächtigen Musique ist allezeit Gott mit seiner Gnadengegenwart” Randbemerkung in Johann Sebastian Bachs Hausbibel zu 2 Chr 5, 12-14
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MENSCH “Der Mensch, der Mensch!” sagte sie , aufbegehrend gegen das Gemessenwerden mit dem Maß der Maße. “Was ist der Mensch! Nicht einmal ein Virus! Schon wenn du an unsere Galaxie denkst. Und wie viele Galaxien gibt’s denn!” An einem Montagvormittag aber, während zweier Freistunden, läuft sie, nicht einmal ein Virus, von Schallplattengeschäft zu Schallplattengeschäft und fragt nach dem Konzert für zwei Cembali und Streichorchester, c-moll, Bachwerkeverzeichnis 1060, das sie am Sonntag gehört hat. Reiner Kunze Ermutigung nach 200 Jahren zu füßen gottes, wenn gott füße hat, zu füßen gottes sitzt BACH, nicht der magistrat von leipzig Rainer Kunze, “Auf dem heimweg von einem orgelkonzert”, 1973 Jeder tag ist ein brief Jeden abend versiegeln wir ihn Die nacht trägt ihn fort Wer empfängt ihn Reiner Kunze
Fragen Am Meer, am wüsten, nächtlichen Meer Steht ein Jüngling-Mann, Die Brust voll Wehmut, das Haupt voll Zweifel, Und mit düstern Lippen fragt er die Wogen: “O löst mir das Rätsel des Lebens, Das qualvoll uralte Rätsel, Worüber schon manche Häupter gegrübelt, Häupter in Hieroglyphenmützen, Häupter in Turban und schwarzen Barett, Perückenhäupter und tausend andere Arme, schwitzende Menschenhäupter- Sagt mir, was bedeutet der Mensch? Woher ist er kommen? Wo geht er hin? Wer wohnt dort oben auf goldenen Sternen?” Es murmeln die Wogen ihr ewges Gemurmel, es wehet der Wind, es fliehen die Wolken, Es blinken die Sterne, gleichgültig und kalt, Und ein Narr wartet auf Antwort. Heinrich Heine „Wenn Gott in seiner Rechten alle Wahrheit und in seiner Linken den einzig immer regen Trieb nach Wahrheit, obschon mit dem Zusatze, mich immer und ewig zu irren, verschlossen hielte und spräche: Wähle! ich fiele ihm in Demut in seine Linke und sagte: Vater, gib! Die reine Wahrheit ist ja doch nur für dich allein.“ Gotthold Ephraim Lessing: Eine Duplik. Braunschweig in der Buchhandlung des Fürstl. Waisenhauses, 1778, S. 11
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Der barocke Himmel Hoch oben in der Kuppel der Kirche hat der begnadete Meister vor Zeiten eine unübersehbare Schar von Heiligen gemalt, wie sie, auf Wolken schwebend und Palmzweige in den Händen, schwerelos in jubelnder Freude dem Herrn entgegeneilen, emporgehoben in einen Wirbel aus Licht Darunter, mitten in der Kirche, mit beiden Beinen also auf der Erde, wie man sagt, ist jetzt täglich eine beträchtliche Schar von Touristen zu sehen, wie sie, die Hände auf dem Rücken verschränkt, emporstarren ratlos, so scheint es, hinauf in den seligen himmlischen Reigen. Ich find´ das irr´, sagt eine junge Stimme: wie happy die da oben sind! Den meisten aber, die da steh´n und starren, kommt dies Getue über ihren Köpfen doch reichlich übertrieben vor. Lothar Zenetti Natur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen Und haben sich, eh man es denkt, gefunden; Der Widerwille ist auch mir verschwunden, Und beide scheinen gleich mich anzuziehen. Es gilt wohl nur ein redliches Bemühen! Und wenn wir erst in abgemeßnen Stunden Mit Geist und Fleiß uns an die Kunst gebunden, Mag frei Natur im Herzen wieder glühen. So ist's mit aller Bildung auch beschaffen: Vergebens werden ungebundne Geister Nach der Vollendung reiner Höhe streben. Wer Großes will, muß sich zusammenraffen; In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister, Und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben. J. W. von Goethe Diese beiden Gedichte liegen meinen beiden Orgelstücken "Präludium" und "Kanon" (1992) als Motto zugrunde
Kultur ist da, wo das Alte immer neu interpretiert und dem Neuen eine Chance gegeben wird. Roman Herzog, Bundespräsident Wenn eine gewisse Epoche hindurch in einer Sprache viel geschrieben und in derselben von vorzüglichen Talenten der lebendig vorhandene Kreis menschlicher Gefühle und Schicksale durchgearbeitet worden, so ist der Zeitgeist erschöpft und die Sprache zugleich. J. W. v. Goethe in: Über Kunst und Alterthum Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers. Gustav Mahler, Komponist “Meine Lieblingsmusik ist die, die ich noch nie gehört habe” John Cage, Komponist
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Wenn auch der musikalische Schaffensvorgang in seinen letzten Höhen dem menschlichen Begreifen immer unzugänglich bleiben mag wie dei geheimnisvolle Quelle künstlerischer Arbeit überhaupt, so läßt sich doch der Trennpunkt zwischen bewußtem und unbewußten Tun außerordentlich weit hinauftreiben. Wenn das nicht so wäre, könnte jeder, bei dem diese Grenze noch sehr tief liegt, von sich behaupten, er schaffe die größten Kunstwerke. Es gäbe keinen Unterschied zwischen Beethoven und einem beliebigen Komponisten, der mühsam bis zu einem Viertel der für Menschen erreichbaren Höhe künstlerischer Leistungen vorgedrungen ist und von den sich über ihm türmenden drei Vierteln nichts ahnt. Dieser kleine Mann wird ungern von handwerklichen Dingen reden und sich auf seine Eingebung, sein Gefühl, sein Herz berufen, das ihm den Weg seiner Handlungen vorschreibt. Muß das nicht eine winzige Eingebung, ein belangloses Gefühl sein, das sich mit so geringen Kenntnissen schon ausdrücken kann? Gehört nicht ein ungeheures Maß bewußter Materialbeherrschung und - anwendung dazu, in Töne zu übertragen, was das Herz diktiert? (...) Der Weg vom Kopf in die Hand ist weit, solange er noch spürbar ist. (...) So viel können, daß das Handwerk nicht mehr stört, daß dem Denken und Empfinden ein ungehindert freier Ausweg geschaffen wird, das muß das Ziel sein. Paul Hindemith, Unterweisung im Tonsatz “Was mich betrifft, so überläuft mich eine Art von Schrecken, wenn ich im Augenblick, wo ich mich an die Arbeit begebe, die unendliche Zahl der sich mir bietenden Möglichkeiten erkenne und fühle, daß mir alles erlaubt ist. Wenn mir alles erlaubt ist, das Beste und das Schlimmste, wenn mir nichts Widerstand bietet, dann ist jede Anstrengung undenkbar, ich kann auf nichts bauen, und jede Bemühung ist demzufolge vergebens. Bin ich denn verpflichtet, mich in diesem Abgrund von Freiheit zu verlieren? Woran werde ich mich klammern, um dem Schwindel zu entgehen, der mich vor den Möglichkeiten des Unendlichen packt? Ich werde dennoch nicht umkommen. Ich werde meinen Schrecken besiegen und mich bei dem Gedanken beruhigen, daß ich über die sieben Töne der Tonleiter und über ihre chromatischen Intervalle verfüge, daß ich die schweren und leichten Taktzeiten verwenden kann und daß ich damit solide und konkrete Elemente festhalte, die mir ein ebenso weites Betätigungsfeld bieten wie jene vage und schwindelerregende Unendlichkeit, die mich soeben erschreckte. In dieses Feld werde ich meine Wurzeln schlagen in der Überzeugung, daß die Kombinationsmöglichkeiten der zwölf Töne jeder Oktave und all diese Spielarten der Rhythmik mir Reichtümer versprechen, welch die gesamte Tatkraft des Menschen niemals erschöpfen wird. Was mich vor der Angst vor der schrankenlosen Freiheit befreit, ist die Tatsache, daß ich mich unmittelbar an die konkreten Dinge halten kann, um die es sich hier dreht. Ich brauche nur eine theoretische Freiheit. Man gebe mir etwas Begrenztes, Bestimmtes, eine Materie, die meiner Arbeit insofern dienen kann, als sie im Rahmen meiner Möglichkeiten liegt. Sie bietet sich mir in ihren Grenzen dar. Es ist an mir, ihr nun die meinigen aufzuerlegen. Damit haben wir wohl oder übel das Königreich der Beschränkung betreten. Und dennoch, wer von uns hätte je von der Kunst anders reden gehört als von einem Königreich der Freiheit? Die Art von Ketzerei ist allgemein verbreitet, weil man sich einbildet, daß die Kunst jenseits des normalen Tätigkeitsbereiches liege. Doch kann man in der Kunst wie in allen Dingen nur auf festem Grund bauen: was sich der Stützung widersetzt, widersetzt sich auch der Bewegung. Meine Freiheit besteht also darin, mich in jenem engen Rahmen zu bewegen, den ich mir selbst für jedes meiner Vorhaben gezogen habe. Ich gehe noch weiter: meine Freiheit wird um so größer und umfassender sein, je enger ich mein Aktionsfeld abstecke und je mehr Hindernisse ich ringsum aufrichte. Wer mich eines Widerstandes beraubt, beraubt mich meiner Kraft. Je mehr Zwang man sich auferlegt, um so mehr befreit man sich von den Ketten, die den Geist fesseln. Igor Strawinsky, Musikalische Poetik
Wer die Musik sich erkiest Hat ein himmlisch Gut bekommen, Denn ihr erster Ursprung ist Von dem Himmel selbst genommen Weil die Engel insgemein Selbsten Musikanten sein. Wenn einst in der letzten Zeit Alle Ding wie Rauch vergehen, Bleibet in der Ewigkeit Doch die Musik noch bestehen. Weil die Engel insgemein Selbsten Musikanten sein. Textherkunft unklar: 1.) Martin Luther (?) 2.) “Den in Mörikes “Vermischten Gedichten aus späterer Zeit” mitgeteilten Spruch überschreibt der Dichter: “Altes Verslein, von einer ehrlichen Malerhand auf den Kasten der Orgel in der Kirche zu Güglingen geschrieben, welche vor 20 Jahren abbrannte.” Vertont als “Vorspruch” zum “Mörike Chorliederbuch" von Hugo Distler, in “8 Kanons” op. 45 von Paul Hindemith u.a. Napoleon I.: “ Die Musik ist die teuerste Art der Geräuscherzeugung.” Antwort des Komponisten Etienne Nicolas Mehul: “Oh, Sire, Ihre Majestät vergißt das Geräusch der Kanonen.”
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