Texte und Gedichte

Hier ist eine kleine und unvollständige Auswahl von Texten, die wichtig für mich sind. Die privaten Fotos kommen von einer Lapplandwanderung.

Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann 
und worüber es unmöglich ist, zu schweigen.                                         
Victor Hugo

Alles wirkliche Leben ist Begegnung
Martin Buber

Was ist Kunst?
Wenn ich es wüßte, würde ich es für mich behalten.
                                    Pablo Picasso

Wandelt sich rasch auch die Welt
wie Wolkengestalten,
alles Vollendete fällt
heim zum Uralten. 

Über dem Wandel und Gang,
weiter und freier,
währt noch dein Vor-Gesang,
Gott mit der Leier. 

Nicht sind die Leiden erkannt,
nicht ist die Liebe gelernt,
und was im Tod uns entfernt, 

ist nicht entschleiert.
Einzig das Lied überm Land
heiligt und feiert.
                         Rainer Maria Rilke


Ich kann nur die Flöte spielen
und nur fünf Töne
 
Wenn ich sie an die Lippen hebe
kehren die Karawanen heim
und in dunklen Scharen die Vögel
 
Dann rudern die Fischer ans Ufer
und aus den Morgenländern kommt duftend
der Abend zurück
 
Am Stamme des Ahorns lehn ich
im Schatten des Efeus
und sende mein Lied nach dir aus 
                              Paula Ludwig
Der Text wurde von mir 2018/19 in den "Drei geistlichen Liedern" vertont
Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort.
Sie sprechen alles so deutlich aus:
Und dieses heißt Hund und jenes heißt Haus,
und hier ist Beginn und das Ende ist dort.
 
Mich bangt auch ihr Sinn, ihr Spiel mit dem Spott,
sie wissen alles, was wird und war;
kein Berg ist ihnen mehr wunderbar;
ihr Garten und Gut grenzt gerade an Gott.
 
Ich will immer warnen und wehren: Bleibt fern.
Die Dinge singen hör ich so gern.
Ihr rührt sie an: sie sind starr und stumm.
Ihr bringt mir alle die Dinge um.
 
                                         Rainer Maria Rilke
Das Gedicht wurde von mir 1997 in "Zwei Lieder" für Klarinette, Viola und Mezzosopran vertont


“Musik kann Dinge erklären, wozu selbst Philosophen und Theologen nicht in der Lage sind. - Gott ist jenseits der Worte, Gedanken und Begriffe, jenseits unserer Erde und der Sonne, jenseits der Sterne, die uns umgeben. Die Töne und Harmonien und Rhythmen sind ein hervorragender Durchgang, ein hervorragendes Vorspiel zum Unsagbaren und Unsichtbaren.” 
                                           Olivier Messiaen
Es gibt Maler, die die Sonne in einen gelben Fleck verwandeln. 
Es gibt andere, die einen gelben Fleck in die Sonne verwandeln können.
                                   Pablo Picasso
 
Kunst und Kultur
                 machen aus halben Portionen
                                            ganze Persönlichkeiten
  Werbeslogan einer kulturellen Einrichtung


“Sage uns Meister, was ist Kunst”
“Wollt ihr die Antwort des Philosophen hören oder die der reichen Leute,
die ihre Zimmer mit meinen Bildern dekorieren?
Oder wollt Ihr gar die Antwort der blökenden Herde hören,
die mein Werk in Wort und Schrift lobt oder tadelt?”
“Nein, Meister, was ist Deine eigene Antwort?”
Nach einem Augenblick antwortete Apollonius:
“Wenn ich irgendetwas sehe, höre oder fühle, was ein anderer Mensch getan oder gemacht hat,
und wenn ich in der Spur, die er hinterläßt, einen Menschen entdecken kann,
seinen Verstand, sein Wollen, sein Verlangen, sein Ringen - das ist für mich Kunst.”
                                   I. Gall., “Theories of Arts”
“Bey einer andächtigen Musique ist allezeit Gott mit seiner Gnadengegenwart” 
Randbemerkung in Johann Sebastian Bachs Hausbibel zu 2 Chr 5, 12-14

Die levitischen Sänger, Asaf, Heman, Jedutun, ihre Söhne und Brüder,
standen alle in Byssus gekleidet mit Zimbeln, Harfen und Zithern
an der Ostseite des Altars. Bei ihnen waren hundertzwanzig Priester,
die auf Trompeten bliesen. Es kam wie aus einem Mund,
wenn die Trompeter und Sänger gleichzeitig zum Lob und Preis des Herrn
sich vernehmen ließen. Als sie mit ihren Trompeten, Zimbeln und Musikinstrumenten einsetzten und den Herrn priesen,
“denn er ist gütig, denn seine Huld währt ewig”, erfüllte eine Wolke den Tempel,
das Haus des Herrn.
Die Priester konnten wegen der Wolke ihren Dienst nicht verrichten;
denn die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Haus Gottes.
                                                   Bibel, 2 Chr 5, 12-14
Ermutigung nach 200 Jahren

zu füßen gottes, wenn gott füße hat, 
zu füßen gottes sitzt BACH, nicht der magistrat von leipzig
Rainer Kunze

MENSCH
“Der Mensch, der Mensch!” sagte sie , aufbegehrend gegen das Gemessenwerden
mit dem Maß der Maße. “Was ist der Mensch! Nicht einmal ein Virus!
Schon wenn du an unsere Galaxie denkst. Und wie viele Galaxien gibt’s denn!”
An einem Montagvormittag aber, während zweier Freistunden, läuft sie, nicht einmal ein Virus,
von Schallplattengeschäft zu Schallplattengeschäft und fragt nach dem Konzert
für zwei Cembali und Streichorchester, c-moll, Bachwerkeverzeichnis 1060,
das sie am Sonntag gehört hat.
                       Reiner Kunze
Der barocke Himmel
 
Hoch oben in der Kuppel der Kirche
hat der begnadete Meister vor Zeiten
eine unübersehbare Schar von Heiligen
gemalt, wie sie, auf Wolken schwebend
und Palmzweige in den Händen, schwerelos
in jubelnder Freude dem Herrn entgegeneilen,
emporgehoben in einen Wirbel aus Licht
 
Darunter, mitten in der Kirche, mit beiden
Beinen also auf der Erde, wie man sagt,
ist jetzt täglich eine beträchtliche Schar
von Touristen zu sehen, wie sie, die Hände
auf dem Rücken verschränkt, emporstarren
ratlos, so scheint es, hinauf in den
seligen himmlischen Reigen.
 
Ich find´ das irr´, sagt eine junge
Stimme: wie happy die da oben sind!
Den meisten aber, die da steh´n und starren,
kommt dies Getue über ihren Köpfen
doch reichlich übertrieben vor. 
  
                           Lothar Zenetti


Natur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen
Und haben sich, eh man es denkt, gefunden;
Der Widerwille ist auch mir verschwunden,
Und beide scheinen gleich mich anzuziehen.
 
Es gilt wohl nur ein redliches Bemühen!
Und wenn wir erst in abgemeßnen Stunden
Mit Geist und Fleiß uns an die Kunst gebunden,
Mag frei Natur im Herzen wieder glühen.
 
So ist's mit aller Bildung auch beschaffen:
Vergebens werden ungebundne Geister
Nach der Vollendung reiner Höhe streben.
 
Wer Großes will, muß sich zusammenraffen;
In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister,
Und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben.
 
                                               J. W. von Goethe

Diese beiden Gedichte liegen meinen beiden Orgelstücken "Präludium" und "Kanon" (1992) als Motto zugrunde 
Kultur ist da, wo das Alte immer neu interpretiert 
und dem Neuen eine Chance gegeben wird.
            Roman Herzog
 
Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers.
Gustav Mahler, Komponist

“Meine Lieblingsmusik ist die, die ich noch nie gehört habe”
John Cage

„Wenn Gott in seiner Rechten alle Wahrheit und in seiner Linken
den einzig immer regen Trieb nach Wahrheit, obschon mit dem Zusatze,
mich immer und ewig zu irren, verschlossen hielte und spräche: Wähle!
ich fiele ihm in Demut in seine Linke und sagte: Vater, gib!
Die reine Wahrheit ist ja doch nur für dich allein.“    
Gotthold Ephraim Lessing