Dreizehn kleine Choralvorspiele für Orgel

Dreizehn kleine Choralvorspiele“ für Orgel (1889 - 1995)
1.) Nun bitten wir den heiligen Geist 
2.) Nun lobet Gott im hohen Thron 
3.) Es kommt ein Schiff 
4.) O Heiland reiß die Himmel auf 
5.) Vom Himmel hoch da komm ich her 
6.) Es ist ein Ros entsprungen 
7.) Macht hoch die Tür 
8.) Wer leben will wie Gott auf dieser Erde. 
9.) Wer nur den lieben Gott läßt walten 
10.) Großer Gott wir loben dich 
11.) Beim letzten Abendmahle 
12.) Wir glauben an den einen Gott 
13.) Komm, du Heiland aller Welt
Es ist ein Rot entsprungen
Nun bitten wir den heiligen Geist
Macht hoch die Tür
Komm, du Heiland aller Welt

Klaus-Hermann Anschütz an der Klais-Orgel der St. Ägidienkirche, Braunschweig




Die "Dreizehn kleinen Choralvorspiele" wurden in einigen Diözesen bei der C-Ausbildung verwendet und in dem Zusammenhang auch besprochen: 


218 – (Macht hoch die Tür) Eine Choralbearbeitung für Orgel von Klaus-Hermann Anschütz aus Celle, etwas schwer aber sehr wirkungsvoll
(die Liedmelodie, gespielt von der rechten Hand, harmonisiert mit verschiedenartigsten Septimakkorden in wechselnden Umkehrungen, darunter ein - gelegentlich unterbrochenes - Ostinato, das gegen den Sechs-Viertel-Takt gebürstet ist - sozusagen in Quartolen; ein Mittelteil mit pentatonischem Laufwerk)

236 - Bicinium von Klaus-Hermann Anschütz (Es kommt ein Schiff, geladen)
Über der in der Unterstimme liegenden Melodie  eine bewegte freie Gegenstimme.
Harmonische Farbigkeit durch Verwendung von Alterationen: f/fis, b/h, c/cis.

Zu 348 (Nun bitten wir den heiligen Geist), einem Orgelchoral von Klaus-Hermann Anschütz, empfehle ich nur, das Stück häufig langsam durchzuspielen (nicht nur mit der angegebenen Registrierung), um sich in die Klänge hineinzuhören. Die Melodie liegt im Pedal. Durch die Registrierung des Pedals mit 4´und 2 2/3´ergeben sich Quintparallelen, die die Melodie einerseits verstärken, andererseits den Akkorden eine weitere Farbe verleihen. Mir gefiel das Stück mit jedem Spielen immer besser!

Ostinate Figuren prägen auch die "Kleine Toccata in d dorisch" über "Nun lobet Gott im hohen Thron" (GL 393) von Klaus - Hermann Anschütz. Die Melodie liegt im Pedal. Die ständig wiederholten Figuren im Manual lassen dagegen ständig den Tonvorrat von d-dorisch im Raum stehen. 
Übrigens finde ich, dass die bisher ausgesandten Stücke von Herrn Anschütz für den einen oder anderen Orgelschüler auch als Literaturstück für die C-Prüfung geeignet wäre. (...)

460 - "Wer leben will wie Gott auf dieser Erde"
Eine Choralbearbeitung von Klaus-Hermann Anschütz in drei Teilen.
1. Teil: Im Pedal (in 8´-Lage!) ein rhythmisierter Bordun im 6/8 - Takt. Unter dem Haltefon e´´entwickeln sich die Motive "...leben will (wie)", und "Gott auf dieser Erde". Die chromatische Linie der Tenorstimme in den Takten 1 u. 2 wird gegen Ende des 2. Systems in parallelen Quarten nochmals (rhythmisch gegen den Strich gebürstet) aufgenommen, läuft dann aber in tonalen (also in e-Moll bleibenden) Sextakkordmixturen aus.
2. Teil: senza misura heißt: nicht an das Metrum gebunden. Dieser Abschnitt, dessen Tonvorrat zunächst aussieht wie eine e-Moll mit erhöhter 6. u. 7. Stufe und erniedrigter 5. Stufe, kann auch erklärt werden als sogenannter 2. Modus (nach einer Aufstellung des französischen Komponisten Olivier Messiaen). Dieser 2. Modus bezeichnet einen Tonvorrat, dessen Tonleiter über gleichmäßig abwechselnde Halb- und Ganztonschritte verfügt. In diesem Fall lautet die Leiter: c,cis,dis,e,fis,g,a,b,c. Das lässt sich vom Tastenbild zum Üben ganz leicht verbildlichen: Die große Terz c-e und die beiden dazwischenliegenden schwarzen Tasten, sowie die große Terz fis-ais(b) und die beiden dazwischenliegenden weißen Tasten. 
Die letzen sechs Töne der ersten Seite stellen die Ganztonleiter c,d,e,fis,gis,b dar (Messiaens 1. Modus, wenn ich mich nicht irre).
Die akkordische Stelle ("straff") besteht in der linken Hand aus Dreiklängen, die sich im 2. Modus bilden lassen (Fis-Dur, a-Moll, Es-Dur - grundsätzlich lassen sich im 2. Modus alle Dur-, Moll- und verminderten Dreiklänge auf einer Kleinterzachse, in diesem Fall der Kleinterzachse c-es-fis-a bilden). Die rechte Hand spielt dagegen chromatisch abwärts geführte Dreiklänge (C-Dur, H-Dur und B-Dur, letzterer allerdings mit überm. Quart anstelle der Quinte). Nach dem nächsten Taktstrich spielt die r.H. einfach nachschlagende Töne aus dem Vorrat des 2. Modus.
3. Teil: In wiegenden 6/8-Motiven, entwickelt aus dem Zitat "wie Gott auf dieser..." bzw. "muss sterben, um zu..." über Orgelpunkt E findet das Stück (und die Gemeinde) wieder in Tonart und Rhythmus und Motivik des Liedes zurück. Interessant noch im fünftletzten Takt die "phrygische" Klangfarbe, die durch die Note f eingeführt wird - sie bestärkt durch ihre abwärts geführte Leittönigkeit die Schlusswirkung. 

282 (Beim letzten Abendmahle) - Orgelchoral von Klaus-Hermann Anschütz:
Die Registrieranweisung ist sicher nicht für eine kleine Dorfkirche gedacht. In einer großen Kirche klingt das wohl mezzopiano. Auch hier finden sich immer wieder parallelgeführte Intervallstrukturen (z.B. Dur-Quartsextakkorde, die aber immer eingefärbt werden mit schwächer oder stärker dissonierenden Zusatztönen  - auch die Melodietöne selbst werden Farben der Harmonien bzw. sorgen für deren Einfärbung.

791 (Hildesheimer Anhang) - Orgelchoral von Klaus-Hermann Anschütz (Wir glauben an den einen Gott) 
Die Choralbearbeitung des Liedes Gl 791 ist unglaublich einfach konzipiert:
Wie deutlich erkennbar ist, wird die Melodie des Credo-Liedes in einem Kanon zwischen rechter Hand (mit parallel geführter Unterquart) und Pedal (mit kräftigerem 4´- Register als Solostimme) durchgeführt.
Die linke Hand spielt ebenfalls eine Kanonstimme: Hier ist die Melodie mehrmals in gleichbleibenden Achtelwerten durchgeführt. Aufgrund der Registrierung läuft diese Stimme in parallelen Quinten (diese Quinten nach oben sind die selben Töne wie in der rechten Hand die Quarten nach unten, nur eine Oktave höher). 
Durch die Unterschiedlichkeit der Notenwerte ergeben sich immer neue Zusammenklänge.
Der Ambitus (Umfang) des Stückes bewegt sich (wegen der Registrierung) im Raum zwischen g und g" (dichtes Klanggewebe um die Solostimme).

(Besprechungen von Regionalkantor Claus Kuhn, Bistum Passau, die Gesangbuchnummern wurden an das neue GOTTESLOB von 2013 angepasst))